Lebensbedingungen für Flüchtlinge in Baden-Württemberg verbessern

Veröffentlicht am 23.07.2013 in Landespolitik

Der Ministerrat hat heute den Gesetzentwurf des Integrationsministeriums zum neuen Flüchtlingsaufnahmerecht zur Anhörung freigegeben. Baden-Württemberg hatte bislang sehr restriktive Vorgaben im Flüchtlingsaufnahmegesetz. Seit Jahren war in diesem Bereich nichts passiert. „Ziel der Landesregierung ist es, die Lebensbedingungen für Flüchtlinge in Baden-Württemberg zu verbessern“, sagte Ministerin Bilkay Öney in Stuttgart.

Schon vor einem Jahr hat das Ministerium für Integration im Rahmen vorläufiger Anwendungshinweise Möglichkeiten zu einer humaneren Unterbringung aufgezeigt. Nun wird das Flüchtlingsaufnahmegesetz grundlegend novelliert. Auch auf Bundesebene hat sich Öney für Anliegen der Flüchtlinge eingesetzt. So sprach sich die Ministerin auf der jüngsten Integrationsministerkonferenz zusammen mit anderen Ressortchefs dafür aus, dass der Bund die Voraussetzungen für eine erleichterte und zügigere Arbeitsaufnahme von Flüchtlingen schafft. Öney: „Zudem ist die Bundesregierung weiterhin aufgefordert, die Fluchtursachen wirksam zu bekämpfen.“

Ungeachtet der seit geraumer Zeit wieder steigenden Flüchtlingszahlen hält die Ministerin ein neues Flüchtlingsaufnahmerecht für überfällig. „Unser Gesetzentwurf stellt für das Flüchtlingsrecht in Baden-Württemberg einen großen qualitativen Sprung in Richtung mehr Humanität dar. Für die Flüchtlinge bedeutet er mehr Freiheit und mehr Eigenverantwortung. Für die Stadt- und Landkreise schafft er mehr Entscheidungsspielräume“, erläuterte Öney.

Damit würden die bestehenden, teils sehr einschränkenden Regelungen abgelöst. Das neue Flüchtlingsaufnahmerecht setze umfassend die flüchtlingspolitischen Vorgaben des Koalitionsvertrags um. „Flüchtlingspolitik ist für uns keine Schönwetterpolitik, die Regierungskoalition steht zu ihrem Wort, auch wenn die Flüchtlingszahlen ansteigen“, sagte die Ministerin.

Beispielhaft für die humanitären Verbesserungen ist die im Gesetz vorgesehene Unterbringungssituation der Flüchtlinge: Statt 4,5 Quadratmeter sollen spätestens im Jahr 2016 jedem Flüchtling mindestens 7 Quadratmeter Wohn- und Schlaffläche zustehen. Dabei soll ausdrücklich auch eine Unterbringung in Wohnungen statt in Gemeinschaftsunterkünften möglich sein. Zudem soll die Wohnpflicht in den Gemeinschaftsunterkünften grundsätzlich auf die Dauer des Asylverfahrens, höchstens jedoch auf zwei Jahre verkürzt werden. Zudem strebt die Landesregierung einen Wechsel von Sachleistungen zu mehr Geldleistungen an.

Öney: „Die Flüchtlinge sollen selbst entscheiden können, was sie essen und anziehen möchten.“ Zusätzlich sollen alle Flüchtlinge die Möglichkeit erhalten, Grundkenntnisse der deutschen Sprache zu erwerben. Der Gesetzentwurf legt auch erstmals konkrete Aufgaben und Qualitätsmerkmale der Flüchtlingsberatung und -betreuung fest. Bereits in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Karlsruhe wird hierfür eine unabhängige Stelle eingerichtet. Diese soll auch prüfen, wer als Neuankömmling besonders schutzbedürftig ist.Der Gesetzentwurf zielt auf einen fairer Kostenausgleich gegenüber den Stadt- und Landkreisen. Die Einmalpauschale je Person, die per Verordnung bereits im März 2013 von 10.537 Euro auf derzeit 12.270 Euro angehoben worden ist, soll bis zum Jahr 2016 auf 13.722 Euro steigen. Von da an um jährlich 1,5 Prozent. Um ein Auseinanderklaffen von Ist-Kosten und pauschaler Kostenerstattung zu vermeiden, sollen die Pauschalen erstmals auf der Grundlage der Ist-Ausgaben des Jahres 2016 überprüft werden. Die durch den Gesetzentwurf bedingten Mehrausgaben des Landes liegen innerhalb der im Doppelhaushalt und der mittelfristigen Finanzplanung getroffenen Vorsorge. Steigende Flüchtlingszahlen sind, soweit vorhersehbar, einkalkuliert.

Hintergrundinformation:

Das neu gefasste Flüchtlingsaufnahmerecht des Landes sieht im Wesentlichen folgende humanitäre Verbesserungen für die vom Land aufgenommenen Flüchtlinge vor:

1. Verbesserungen bei der Flüchtlingsunterbringung

  • Während der vorläufigen Unterbringung in den Stadt- und Landkreisen wird die Wohn- und Schlaffläche je Person von 4,5 auf eine Mindestvorgabe von 7 Quadratmetern erhöht. Die Kreise erhalten eine Übergangsfrist bis zum 1. Januar 2016, um ihre Einrichtungen an die neuen Flächenvorgaben anzupassen.
  • Durch Verordnung sollen für die Gemeinschaftsunterkünfte weitere Mindeststandards insbesondere unter Berücksichtigung der Belange von Frauen, Familien und Kindern festgelegt werden. Gemeinschaftsunterkünfte sollen zur besseren gesellschaftlichen Teilhabe ihrer Bewohner innerhalb bebauter Ortsteile oder unmittelbar im Anschluss daran eingerichtet werden.
  • Die vorläufige Unterbringung soll nicht länger nur in Gemeinschaftsunterkünften, sondern auch in Wohnungen erfolgen. Sie wird dabei zeitlich erheblich verkürzt, grundsätzlich auf die Dauer des Asylverfahrens. Im Mittel waren dies zuletzt etwa 15 Monate. Obergrenze sollen 24 Monate sein.

2. Verbesserung der Leistungen

  • Während der vorläufigen Unterbringung in den Kreisen sollen die Flüchtlinge künftig primär Geldleistungen oder geldwerte Gutscheine erhalten. Sachleistungen für Nahrung und Kleidung sollen nicht mehr im Vordergrund stehen.
  • Alle Flüchtlinge sollen während der vorläufigen Unterbringung Gelegenheit erhalten, Grundkenntnisse der deutschen Sprache zu erwerben.

3. Verbesserung der Betreuung von Flüchtlingen

  • Für die vorläufige Unterbringung werden erstmals verbindliche Standards für die soziale Beratung und Betreuung der Flüchtlinge fixiert. 
  • Bereits in der Landeserstaufnahmeeinrichtung in Karlsruhe wird hierfür eine unabhängige Stelle eingerichtet. Diese soll auch prüfen, wer als Neuankömmling besonders schutzbedürftig ist.
  • Außerdem müssen die Kreise bei der Unterbringung darauf achten, dass schulpflichtige Kinder tatsächlich ihrer Schulpflicht nachkommen können.

4. Weitere Neuerungen Im Flüchtlingsaufnahmerecht 

  • Neben Asylbewerbern und sonstigen Flüchtlingen werden erstmals sogenannte unerlaubt eingereiste Ausländer in den Anwendungsbereich des Flüchtlingsaufnahmegesetzes einbezogen. Das heißt: Ausländer, die aus Staaten außerhalb der EU unerlaubt eingereist sind, werden künftig auf die Stadt- und Landkreise verteilt und dort vorläufig untergebracht. Die Kreise erhalten eine Kostenpauschale.
  • Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sollen hingegen vom Regelungsbereich des Flüchtlingsaufnahmegesetzes weitgehend ausgenommen werden. Für sie gelten unmittelbar die jugendhilferechtlichen Bestimmungen des SGB VIII.

5. Ausgabenerstattung

  • Am System der Einmalpauschale, die das Land den Stadt- und Landkreisen für jeden Flüchtling erstattet, soll festgehalten werden.
  • Die Pauschale soll an die neuen Standards angepasst werden. Für Asylbewerber soll sie von derzeit 12.270 Euro stufenweise auf 13.722 Euro im Jahr 2016 steigen. Hierbei sind alle Änderungen und Neuerungen berücksichtigt, die im Gesetzentwurf enthalten sind.
  • Im Hinblick auf die Auskömmlichkeit der Pauschale enthält das Gesetz eine Revisionsklausel: Die Kostenpauschale ist auf der Basis der tatsächlichen Ausgaben der Stadt- und Landkreise im Jahr 2016 zu überprüfen.

6. Finanzielle Auswirkungen

  • Für die Mehrkosten, die unmittelbar auf das Gesetz zurückzuführen sind (2014: 3,4 Millionen Euro; 2015: 3,6 Millionen Euro, 2016: 10,7 Millionenen Euro), wurde bereits in den aktuellen Ansätzen des Doppelhaushalts und im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung Vorsorge getroffen. Die Kosten bewegen sich innerhalb des hierfür zugestandenen Rahmens.
  • Bei der Kalkulation der finanziellen Auswirkungen bis 2016 wird von der aktuellen Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ausgegangen. Demnach ist in Baden-Württemberg bis auf Weiteres mit durchschnittlich 1.000 Neuzugängen je Monat, also 12.000 im Jahr zu rechnen.
 

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